Am 10. Juni 2017 fand in Duisburg der außerordentliche Landesparteitag der NRWSPD statt.
Auf dem Landesparteitag der NRWSPD wurde Michael „Mike“ Groschek zum neuen Landesvorsitzenden gewählt. Neue Generalsekretärin des SPD-Landesverbands ist Svenja Schulze. Groschek erhielt 353 der 411 Stimmen (85,9%), auf Schulze entfielen 283 Stimmen (68,9%).
In seiner Nominierungsrede machte Groschek zuvor unter großem Applaus klar, dass es nach der Niederlage bei der Landtagswahl etwas aufzuarbeiten gilt: „Herzkammer? Stammland? Alles Pustekuchen und Selbstbetrug. Wir brauchen einen Neuanfang, der sich gewaschen hat“. Das schwache Ergebnis sei vermeidbar gewesen: „Wir haben die Karre selbst vor die Wand gefahren. Weil wir uns zu sicher waren und nicht geglaubt haben, dass Laschet Kraft schlagen kann.“

Deshalb müsse man nun schnell aus Fehlern lernen. Auf den vier Regionalversammlungen der Partei in den Tagen zuvor habe er viele gute Ideen mitgenommen, die er umsetzen wolle. Die Geschehnisse auf Parteitagen müssten wieder stärker mit dem Alltag zu tun haben und den Alltag verbessern. Die Sozialdemokratie habe viele Fragen zu beantworten.
Steuergerechtigkeit solle ein Markenkern der NRWSPD bleiben. Die Rente müsse als Anerkennung für Lebensleistung erkennbar sein. Der Sozialstaat sei kein altes Eisen. Die Sozialdemokratie müsse genau hinblicken, wie sich Globalisierung und digitaler Kapitalismus entwickeln. Mit zunehmender kultureller Verwahrlosung könne man sich nicht abfinden. „Lasst uns mehr über Politik reden, weniger über Spiegelstriche“, lautete Mikes Appell. Er warb dafür, dass sich die Bessermacher aus den Städten und Gemeinden und aus Kunst und Kultur in der NRWSPD beteiligen. Groschek begreift Opposition nicht als Mecker-Ort, sondern als Möglichkeit der konstruktiven Diskussion um bessere Konzepte, die man selbstbewusst nutzen solle: „Kopf hoch, Brust raus – das ist die Haltung, die wir vorleben wollen.“
„Lasst uns im Wahlkampf zeigen: Wir haben verstanden“

„Wir müssen wieder mehr miteinander reden“, forderte die neue Generalsekretärin Svenja Schulze. Sie möchte die Generalinventur der Partei mitorganisieren und zeigen, was sich bei uns verändern muss. Neue Bündnisse aufbauen und einen Talentschuppen entwickeln – darauf komme es nun an. Die Chance sei groß: „Seit Jahresbeginn haben wir mehr als 5.200 neue Mitglieder in NRW begrüßen können. Das ist eine sagenhafte Zahl. Manch ein anderer Landesverband ist kleiner“. Schon beim anstehenden Bundestagswahlkampf wolle man es besser machen und Motor dafür sein, dass Martin Schulz neuer Bundeskanzler werde: „Lasst uns im Wahlkampf zeigen: Wir haben verstanden“.
Dass die NRWSPD den Spagat zwischen Aufarbeitung der Landtagswahl und Aufnahme des Bundestagswahlkampfes bravourös hinbekommen kann, zeigen die beschlossenen Anträge. Mit „Die Sozialdemokratie in NRW wird gebraucht“ formulierte der Landesparteitag zentrale Thesen, die es im Detail zu bearbeiten gelte, um aus der Landtagswahl zu lernen. Mit „Wir machen dieses Land stärker, gerechter und moderner“ stellt die NRWSPD zehn zentrale Forderungen an das Wahlprogramm zur Bundestagswahl. Dieses wird am 25. Juni auf dem Bundesparteitag in Dortmund beschlossen.
Das vollständige Beschlussbuch zum außerordentlichen Landesparteitags gibt es hier.
Mit einer energischen Kampfansage stimmte der SPD-Kanzlerkandidat und Parteivorsitzende Martin Schulz auf dem Duisburger Landesparteitag die Delegierten der NRWSPD auf den Bundestagswahlkampf ein. Am 24. September wird in Deutschland gewählt: Schulz zeigte in der 50-minütigen und an vielen Stellen bejubelten Rede eindrucksvoll, dass er und die SPD die klare Alternative zu Merkel und zur CDU sind. Es braucht jetzt einen SPD-Bundeskanzler, um die Herausforderungen der Zeit anzupacken.
„In einem Land, in dem es zweistellige Milliardenüberschüsse gibt, darf es keinen Pflegenotstand geben“, forderte der SPD-Vorsitzende. Der bayrische Ministerpräsident Seehofer verspreche stattdessen lieber Steuersenkungen, sage allerdings nicht für wen und in welcher Höhe.
SPD: Klug investieren statt ambitionslos „auf Sicht fahren“
Schulz stellte solchen bewusst ungenauen Ankündigungen konkrete Vorschläge gegenüber: Mehr Plätze in der Pflege und mehr Lohn für Pflegebedienstete, Gebührenfreiheit von der Kita bis zur Hochschule, Investitionen im staatlichen Wohnungsbau, eine Millionen neue Plätze in der Ganztagsbetreuung. Das mache wirklich das Leben für viele Menschen besser und nicht nur für wenige.
Der SPD-Kanzlerkandidat argumentierte anhand wichtiger Alltagsfragen und setzte sich damit wohltuend von der werbebewussten Art der Amtsinhaberin ab, die zuletzt im NRW-Wahlkampf einige Unwahrheiten in den Raum stellte. „Die Kita-Gebühren werden nicht auf G7-Gipfeln oder in bayrischen Bierzelten abgeschafft“, traf er pointiert die richtigen Worte und warnte davor, das konzeptionslose Politikverständnis der CDU und ihrer Führung zu verklären: „Dieses ‚Auf Sicht fahren‘ macht man immer dann, wenn man im Nebel stochert“.
Auf internationalen Gipfeln werden keine Kita-Gebühren abgeschafft
Trotz der Koalition in dieser Legislaturperiode bleibe vieles unterschiedlich zwischen SPD und CDU. Im Wahlkampf werde das wieder sehr deutlich. „Uns wird medial vorgeworfen, wir seien nicht konkret. Wo ist eigentlich das Rentenkonzept der Union?“, lautete die berechtigte Frage des Kanzlerkandidaten. CDU und CSU würden am liebsten prinzipiell alles so lassen wie es ist bei der Rente, nur dass die Bürgerinnen und Bürger dabei bis zum 70. Lebensalter arbeiten sollen. Da es nicht sein könne, dass diejenigen, die bei der Rente am meisten einzahlen, hinterher am wenigsten bekommen, stellte er dem Nichtstun der politischen Konkurrenz jüngst einen eigenen Plan entgegen.
CDU / CSU und ihre Vorsitzenden blieben wohl auch deswegen so vage, weil ihre wahrnehmbaren Vorstellungen bei vielen nur Kopfschütteln erzeugen. Dazu zählt, dem US-Präsidenten Donald Trump zu versprechen, dass Deutschland in Zukunft bis zu 30 Milliarden Euro mehr für Waffen und Rüstung ausgeben soll. Schulz stellte klar: Die Bundeswehr müsse natürlich mit den nötigen Mitteln ausgestattet werden und Soldatinnen und Soldaten hätten für ihren Einsatz mehr Anerkennung verdient als zuletzt unter den Verteidigungsministern von CDU/CSU. Aber: „Ich unterwerfe mich keiner Aufrüstungsspirale à la Donald Trump. Mit mir wird es das nicht geben. Besser ist: Rüstung begrenzen, Abrüstung erreichen und nukleare Rüstung verhindern.“ Für diesen Gegenentwurf könnten die Wählerinnen und Wähler bei der Bundestagswahl stimmen.
Martin Schulz lobte die NRWSPD dafür, dass sie sich trotz kürzlich verlorener Landtagswahl immer stärker auf den nächsten Wahlkampf einstimme. Jeremy Corbyn habe zuletzt gezeigt, dass sich eine solche Zuversicht und Einsatz für einen leistungsfähigen Staat lohnt. Gerechtigkeit und Mut zur Zukunft – dafür gelte es nun zu kämpfen.