Nie wieder ist jetzt, hier und heute.

Bild: NRWSPD

Mitglieder-Mail von Sarah Philipp und Achim Post anlässlich des 85. Jahrestages der Reichspogromnacht

Es war der Abend des 9. November 1938. Siegfried Geisler war damals zehn Jahre alt. In seiner Heimatstadt, im Ruhrgebiet, zogen die Menschen nach Einbruch der Dunkelheit zur Synagoge. Siegfried schloss sich der Menschenmeng an, ohne zu wissen, was passieren würde. An der Synagoge angekommen, musste er verfolgen, wie die Nazis mit ihren Revolvern ein Hakenkreuz in das Eingangstor schossen. Anschließend verriegelten sie die Ausgänge und steckten die Synagoge in Brand. Die Hilferufe und panischen Schreie aus dem Inneren des jüdischen Glaubenshauses verfolgten ihn den Rest seines Lebens. Bis zu seinem Tod, im Jahr 2019, engagierte sich Siegfried in seinem SPD-Ortsverein, für Toleranz und gegen Antisemitismus.

Bei den November-Pogromen 1938 wurden mehrere hundert Jüdinnen und Juden ermordet, um die 1.400 Synagogen und Versammlungsräume jüdischer Menschen sowie tausende Geschäfte, Wohnungen und jüdische Friedhöfe wurden gestürmt und zerstört. Ab dem 10. November 1938 folgten Deportationen jüdischer Menschen in Konzentrationslager.

1945 wurde Nazi-Deutschland von den Alliierten befreit. Ihnen verdanken wir, dass wir heute in Frieden und Freiheit leben können. In der jungen Bundesrepublik, im Schatten der Aufarbeitung der furchtbaren NS-Verbrechen und der daraus erwachsenen historischen Verantwortung, gaben wir uns ein Versprechen: Nie wieder! Nie wieder sollen Jüdinnen und Juden in Angst in Deutschland leben müssen.

Heute jährt sich die Reichspogromnacht zum 85. Mal, in einer Zeit, in der viele Jüdinnen und Juden wieder in Angst leben müssen. Synagogen müssen von der Polizei geschützt werden. Auf Demonstrationen – auch in NRW – wird das Existenzrecht Israels geleugnet, ein Kalifat gefordert, Gewalt und Hass gegen Menschen jüdischen Glaubens propagiert. All das dürfen wir niemals akzeptieren, gerade als Sozialdemokrat*innen.

Nie wieder ist jetzt, hier und heute. Der Zeitpunkt, mit aller Entschlossenheit gegen Antisemitismus und Judenhass aufzustehen ist jetzt.

Am heutigen Tag finden in zahlreichen Städten und Gemeinden Gedenkveranstaltungen zur Reichspogromnacht statt. Wir bitten Dich, an diesen Gedenken teilzunehmen. Über die örtliche Presse oder das Internet kannst Du Dich informieren, ob und wo ein Gedenken in Deiner Nähe stattfindet.

Zudem kannst Du aktiv werden, indem Du Stolpersteine bei Dir vor Ort reinigst, die an das Schicksal verfolgter oder vertriebener Menschen der NS-Zeit erinnern. Hier findest Du Informationen zum Reinigen von Stolpersteinen.

Wir sind in der historischen Verantwortung, dass »Nie wieder« nicht zur Leerformel verkommt. Der Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, Hass und Antisemitismus ist fester Bestandteil unserer sozialdemokratischen DNA. Wir sind gefragt, hier und heute gegen Antisemitismus aufzustehen.

Herzliche Grüße,

Sarah Philipp und Achim Post
– Vorsitzende der NRWSPD –

PS: In der gestrigen Sitzung hat unsere Landtagsfraktion eine Erklärung zu den islamistischen Demonstrationen in NRW verabschiedet. Diese kannst Du hier einsehen.