Katastrophenschutz ist vielfältig und lebt von Solidarität – NRWSPD vor Ort in Bonn

Dirk, Gerd, Nico, Susanne und Wolfgang aus dem UB-Bonn engagieren sich seit vielen Jahren für den Katastrophenschutz und sind in der SPD aktiv. Dirk ist seit 1997 beim Arbeiter-Samariter-Bund (ASB), Gerd war lange Jahre bei der Polizei tätig und engagierte sich ehrenamtlich bei den Maltesern. Susanne bringt ihre Erfahrung aus der Arbeit beim Technischen Hilfswerk ein, während Nico seit über zwei Jahrzehnten bei der freiwilligen Feuerwehr aktiv ist. Wolfgang begann vor über 60 Jahren seine ehrenamtliche Laufbahn beim Jugendrotkreuz und ist heute verantwortlich für das Krisenmanagement beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Bonn. 

Kennengelernt haben sich die fünf im Laufe der Jahre über ihre Einsätze. Schnell stellte sich für sie die Frage, wie verschiedene Organisationen im Bonner Bevölkerungsschutz auf politisch-strategischer Ebene zusammenarbeiten können. Aus diesem Gedanken heraus entstand der SPD-Arbeitskreis „Blaulicht“, dem alle fünf angehören. „Der Sozialdemokratie ist es wichtig, sich um Menschen zu kümmern und uns auch“, sagt Nico. 

Aufeinander aufpassen, gemeinsam engagieren

„Katastrophenschutz ist traditionell gesehen ein ziviles, bürgerliches Engagement der Nachbarschaftshilfe“, erzählt Gerd. Bevor es beispielsweise Feuerwehren gab, waren die Menschen auf sich allein gestellt. Bei Bränden musste man auf die Hilfe der Nachbarn hoffen.  

Diese Tradition der Solidarität lebt auch heute weiter, denn in Deutschland ist der Katastrophenschutz auf die wertvolle Arbeit ehrenamtlicher Helfer*innen angewiesen. „Katastrophenschutz ist eine wichtige zivilgesellschaftliche Aufgabe. Wenn niemand mehr mitmacht, könnten wir alles verlieren, was wir haben“, sagt Gerd.  

Dass dem so ist, belegen die Zahlen: Allein bei der Feuerwehr stehen 88.600 Ehrenamtliche knapp 5.000 hauptamtlichen Feuerwehrkräften gegenüber. Der Arbeiter-Samariter-Bund, der in der Wasserrettung, der Luftrettung, mit Rettungshundestaffeln und vielem mehr tätig ist, zählt circa 2.500 aktive Ehrenamtliche, beim DRK sind es 55.000, beim THW circa 80.000 und bei den Maltesern 12.000 Menschen.  

Diese Menschen leisten einen immensen Beitrag für die Zivilgesellschaft – im Fall des THW auch im Ausland. Die Ehrenamtlichen sind freiwillig bei ihren Hilfseinsätzen. Das mache einen Unterschied, erläutert Susanne: „Das ist etwas, das ich von anderen Organisationen bei Auslandseinsätzen gehört habe. Unsere Leute bringen eine andere Ethik mit. Sie haben bewusst die Entscheidung getroffen, zu helfen. Damit leisten sie einen erheblichen Beitrag zur Zivilgesellschaft. Viele von ihnen haben eine starke Identifikation mit dem Staat. Das darf als Garant für Stabilität nicht unterschätzt werden“. 

Auch deshalb vereint sie der Gedanke, dass der Katastrophenschutz politisch eine größere Rolle spielen muss. Hindernisse sollten aus dem Weg geräumt werden, um den Katastrophenschützer:innen die Arbeit zu erleichtern. Ein Aspekt dabei ist eine bessere Gesetzgebung.  

 

Politische Stärkung und Gleichstellung 

Im BHKG, dem Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz, ist für die freiwillige Feuerwehr klar geregelt, dass es nach Einsätzen oder für Weiterbildungen eine Freistellung gibt. Für alle anderen Organisationen gibt es diese Freistellungsmöglichkeit zwar ebenfalls, jedoch nur unter der Bedingung, dass der Einsatz auf Anordnung des Kreises oder der kreisfreien Stadt erfolgt. „Das ist ein Problem für die weißen* Organisationen. Sie handeln aus einem humanitären Gedanken heraus, wie bei der Flut“, erklärt Nico. Einen staatlichen Personenschutzauftrag gab es hier nicht. Geholfen wurde trotzdem. Man könnte annehmen, dass die Landesregierung darauf reagiert und nachjustiert habe, aber verbessert hat sich bis heute wenig, sagt Dirk: „Nach dem Hochwasser waren wir zwar im Landtag bei der SPD eingeladen und wurden für unseren Einsatz gelobt, aber getan hat sich seitdem nicht viel. Die Bearbeitung von Anträgen und Abrechnungen bei der Bezirksregierung Köln zieht sich über Monate hinweg, Zahlungen erhalten wir teilweise erst ein Jahr später”. Das behindere die Arbeit im ehrenamtlichen Katastrophenschutz.   

Auch beim Thema Weiterbildungen ist die aktuelle Gesetzgebung ein Problem. „Mitglieder bilden sich in der Regel nicht auf Anordnung, sondern freiwillig fort. Dafür müssen sie Urlaub nehmen, was gerade für junge Menschen ziemlich unattraktiv ist“, erzählt Dirk. Zudem seien die Mittel, die den Hilfsorganisationen für die Weiterbildungen ihrer aktiven Mitglieder zur Verfügung stünden, sehr begrenzt. Es gebe zwar immer noch viele junge Menschen, die sich für den Katastrophenschutz interessieren, jedoch blieben sie nicht so lange dabei – in der Regel nur etwa zwei Jahre. Das macht es notwendig, mehr und häufiger zu schulen, was das aktuelle System nicht vorsieht. „Eine langfristige Bindung ist schwierig. Zudem dauert es bei der Feuerwehr circa ein Jahr, bevor man auf dem Ausbildungsniveau angekommen ist, das Einsätze erlaubt. Es geht um Menschenleben auf beiden Seiten. Wir gehen hinein, wenn andere herausrennen. Erst im Juni kamen in St. Augustin zwei Feuerwehrkameraden ums Leben. Quereinsteigerprogramme wären ein guter Ansatz und eine Überarbeitung des Systems, um es attraktiver zu gestalten. Aber hierfür muss jemand die Verantwortung übernehmen.“ 

Auch bei der Vereinbarkeit von Familie und Ehrenamt, meint Dirk: „Im Ahrtal waren wir bis zu 36 Stunden im Dauereinsatz. Das ist nur möglich, wenn man sicherstellen kann, dass die Kinder versorgt sind.“ Um daran etwas zu ändern, sei ein Umdenken erforderlich. “Wir brauchen ein anderes Rollenverständnis und eine Neuausrichtung – auch in der Politik. Die Kinderbetreuung im Ehrenamt beim Katastrophenschutz muss von Anfang an berücksichtigt werden, dann wird sich etwas ändern.“ 

Psychologische Unterstützung für die Ehrenamtlichen 

Das Ehrenamt im Katastrophenschutz kann psychisch sehr belastend sein. Im Raum Bonn-Rhein-Sieg ist die psychosoziale Unterstützung für die Einsatzkräfte recht gut aufgestellt, finden die fünf. Mittlerweile gebe es gute Unterstützung. Dass man nach einem Einsatz eine Flasche Schnaps auf den Tisch stellt, wie früher, sei definitiv nicht mehr der Fall. „Die psychosoziale Unterstützung wurde im Ahrtal gut genutzt“, erzählt Nico, „die Führungskräfte der Feuerwehr werden ebenfalls in diese Richtung geschult. Wenn ein Kind beteiligt ist, würde ich zum Beispiel niemals einen Familienvater herausschicken.“ Laut Susanne könnte allerdings die psychosoziale Versorgung während des Einsatzes verbessert werden, ähnlich wie bei der Polizei. Eine bessere Vernetzung der Angebote sei wünschenswert, findet Wolfgang. Für Bonn wisse er, an wen er sich wenden könne, aber das gelte nicht für alle Einsatzgebiete. 

Für Dirk, Gerd, Nico, Susanne und Wolfgang steht fest, dass der Katastrophenschutz ein gemeinsames Anliegen ist, das über Parteigrenzen hinweg verfolgt werden sollte. Sie sind überzeugt, dass eine koordinierte Zusammenarbeit und politische Unterstützung unverzichtbar sind, um eine sicherere Zukunft zu gestalten. 

 

*Zu den weißen Organisationen gehören Malteser, DRK und der Arbeiter-Samariter-Bund. 

 Zu Besuch im Katastrophenschutzzentrum Bonn-Beuel