Seit 2013 setzt sich Bernhard Krebs für die Belange von Menschen mit einer Behinderung ein. Er bietet Sprechstunden für Betroffene und deren Angehörigen an, unterstützt bei Anträgen, sorgt für Vergünstigungen im ÖPNV-Angebot, hilft dabei, sich zum Teil von den Rundfunkgebühren befreien zu lassen. Zuständig ist er auch für Prüfung von Neubauprojekten auf ihre Barrierefreiheit hin, den barrierefreien Zugang von öffentlichen Gebäuden und den barrierefreien Umbau des öffentlichen Nahverkehrs.
Ich treffe ihn im Bistro 26, dem integrativen Café der städtischen Mediathek. Das liegt mitten in der Stadt in der Fußgängerzone und wird von einem Team aus behinderten und nicht behinderten Menschen bewirtschaftet. Auf Bernhards Anregung hin, wurden Bistro und Mediathek in einen Raum gepackt, der komplette Bereich der Mediathek barrierefrei um- und neugebaut. Sogar die Arbeitsplätze sind für Rollstuhlfahrer zugänglich. So können auch Behinderte vor Ort arbeiten. Bernhard ist stolz auf das Resultat: „Dass wir eine inklusive Gruppe haben, die das Bistro bedient, ist für Kamp-Lintfort eine tolle Sache. Es wird sehr gut angenommen.“
Sein Büro hat Bernhard ein paar Meter weiter. Es ist ebenfalls barrierefrei ebenerdig zu erreichen. Direkt nebenan befinden sich drei weitere Beratungsstellen: von der Rentenberatung, dem Sozialverband VdK und dem Seniorenrat. Bernhard nennt es das „Amt der kurzen Wege“ und erklärt: „Wenn ich ein Problem habe, kann ich eine Tür weitergehen und das sofort klären, ohne wochenlang zu warten.“
Bernhard, was muss man über die Situation behinderter Menschen wissen?
Rund 25 Prozent der Kamp-Lintforter Bürgerinnen und Bürger haben einen Grad der Behinderung. Die wenigsten sind junge Menschen. Mit steigendem Alter steigt der Anteil der Menschen mit Behinderung, z.B. durch eine Demenz, eine Skeletterkrankung oder Erblindung.
Wir alle sind gefährdet, behindert zu werden?
Genau. Ich treffe immer wieder Menschen, die nicht mehr im Berufsleben stehen und sagen, wofür muss ich noch einen Antrag auf Behinderung stellen? Einen Kündigungsschutz brauche ich nicht mehr. Aber es gibt viele Vorteile, die ich als Mensch mit Behinderung erwirken kann, wenn ich einen Antrag stelle.
Deswegen gehen wir immer wieder in die Öffentlichkeit. Gerade der Weg zu den Menschen ist wichtig. Nicht, dass die Menschen immer zu dir kommen sollen, sondern dass du dich auch mal auf den Weg zu den Menschen machst.
Was muss man noch wissen?
Als ich vor zehn Jahren angefangen habe, habe ich gedacht, ich muss alles ebenerdig machen. Dann sagte mir ein Vertreter des Blindenverbands: „Für einen blinden Menschen ist das schwierig, der kann sich nicht mehr orientieren.“ Jede Behinderung ist individuell. Man muss sich in jeden Behinderten reinversetzten.
Mobilität wird immer wichtiger gerade für ältere Menschen, die den Führerstein abgeben wollen. Die müssen noch immer von A nach B kommen. Deshalb bauen wir die Bushaltestellen barrierefrei um. Wir haben in der SPD im Kreis Wesel eine Arbeitsgruppe Mobilität. Mit der wollen wir die barrierefreien Bushaltestellen im Kreis Wesel standardisieren.
Wohnungsbau ist auch ganz wichtig. Wir brauchen Wohnungen für Behinderte. Barrierefrei, barrierearm aber nicht in der Größe wie früher, mit 100, 120 Quadratmetern. Sondern kleinere Wohnungen für Menschen, die allein wohnen.
Was muss man beachten, wenn man ein öffentliches Gebäude behindertengerecht bauen oder umbauen will?
Sanitäranlagen für Behinderte gehören ins Erdgeschoss von öffentlichen Gebäuden. Oft sind sie ganz oben. Wenn ich im Erdgeschoss mit einem behinderten Menschen arbeite, der zur Toilette muss, muss ich ihn zum Fahrstuhl bringen, in die obere Etage und wieder runter.
Prägeschrift auf Griffen, Türen und Fahrstühlen. Normale Buchstaben, aber geprägt geschrieben. Nicht die Blindenschrift wie viele denken. Wenn ich als blindes Kind Blindenschrift erlerne, ist es einfach. Aber die wenigsten erblinden als Kind. Mit 60, 70 erlerne ich die Blindenschrift nicht mehr.
Gute Beleuchtung. Viele Blinde haben noch ein gewisse Restsehstärke. Die brauchen eine gute Beleuchtung, um sich zu orientieren.
In Fahrstühle gehört ein Spiegel. Als Rollstuhlfahrer fahre ich vorwärts in den Fahrstuhl – und rückwärts raus. Wenn der Fahrstuhl hält, kann ich im Spiegel sehen, ob hinter mir ein Hindernis ist.
Ein akustisches Signal in Fahrstühlen, das die Etage ansagt. Wenn ich blind bin und möchte in die fünfte Etage, woher weiß ich, dass ich in angekommen bin?
Augenhöhe. An einem Schalter gucke ich als Rollstuhlfahrer hoch. Und der mich bedient, guckt runter. Es ist wichtig, dass man auf Augenhöhe miteinander kommuniziert. Dafür braucht es eine leichte Rampe zum Schalter hin.