Die Geschichte des Bauspielplatzes
Es ist Sommer 1979 als die Geschichte des Bauspielplatzes Senkelsgraben beginnt. Der SPD Ortsverein Wahn, Wahnheide, Libur hatte in diesem Jahr ein Sommerferienprogramm für Kinder ins Leben gerufen, bei dem am Bieselwald in Köln-Porz 100 selbstgebaute Holzhütten entstanden.
Eigentlich sollten die Bauwerke der Kinder gleich nach den Ferien wieder abgerissen werden, doch die Eltern wehrten sich dagegen und mobilisierten die Politik. Mit Erfolg: 1980 eröffnete die Stadt Köln den Bauspielplatz Senkelsgraben mit eigenen Sozialarbeiter:innen und ABM-Kräften am heutigen Standort in der Gernotstraße im Kölner Ortsteil Wahnheide.
Der Bauspielplatz muss bleiben
Das könnte eigentlich schon das glückliche Ende der Geschichte rund um den Bauspielplatz sein, aber dem ist nicht so. Sonst säßen wir auch nicht Marion Tillmann und ihrem Mann Karl-Heinz gegenüber, die sich nun schon fast 25 Jahre ehrenamtlich um den Bauspielplatz kümmern und die beide lange Jahre SPD-Mitglieder sind. Karl-Heinz ist der Geschäftsführer, Marion die Vorsitzende des Fördervereins. Denn nach dreizehn Jahren unter städtischer Leitung sollte der Bauspielspielplatz seitens der Stadt Köln aus Kostengründen geschlossen werden.
Damit wollten sich die Eltern damals allerdings nicht abfinden. „Sie beschlossen, erneut für seinen Erhalt zu kämpfen und gründeten 1994 eine Elterninitiative, unter der Regie von Jürgen Schumann, einem langjährigen Ratsmitglied der SPD-Porz. Aus ihr ging der Förderverein Senkelsgraben in Wahnheide e.V. hervor, der den Bauspielplatz seit 1994 ehrenamtlich betreibt“, erzählt Karl-Heinz Tillmann.
Anfangs mangelte es an Vielem, aber es wurde viel erreicht
Man sieht Marion und Karl-Heinz Tillmann deutlich an, wie wichtig ihnen die Kinder und Jugendlichen sind und wie sehr ihnen die Einrichtung am Herzen liegt. Marion Tillmann hat für ihr Engagement 2015 sogar die Verdienstmedaille der Bundesrepublik Deutschland verliehen bekommen. “Kinder haben ein Recht auf Spaß bei sinnvoller Freizeitgestaltung”, sag Karl-Heinz Tillmann.
Sie, der Förderverein und die vielen weiteren ehrenamtlichen Helfer:innen haben über die Jahre viel erreicht. Heute stehen neben den selbstgebauten Hütten mehrere Bauwagen, eine voll eingerichtete Küche, eine große Bühne, eine Wasserrutsche, ein Kiosk, der von den Kindern und Jugendlichen selbst betrieben wird und seit Anfang dieses Jahres die CANTZlei „Klausi“ – ein Holzhaus mit Aufenthaltsraum und Theke, gestiftet vom Entertainer Guido Cantz, der selbst als Kind den Bauspielplatz besuchte. Außerdem gibt auf dem 6.500 qm großen Außengelände einen Pavillon, in dem im Sommer gegessen wird, Spielgeräte und natürlich das absolute Highlight, die Seilbahn, auf die alle ziemlich stolz sind.
Anfangs sah das noch anders aus. Es mangelte dem Förderverein an Vielem. Vor allem an Geld. Es wurden Spenden gesammelt, Kooperationen geschlossen, Mitglieder akquiriert, Netzwerke geknüpft und der Betrieb durch Ehrenamtler:innen gestemmt. Später dann, als der „Baui“ zu einer festen Institution geworden war, wurde jährlich ein Förderantrag gestellt, damit ein Teil der Kosten von der Stadt Köln übernommen werden konnten. Das war viel Arbeit für die Ehrenamtler:innen, immer verbunden mit der Zitterpartie, ob die Förderung auch bewilligt werden würde.
Ein Ort, an dem die Kinder und Jugendlichen erwünscht sind
In der Woche hat der Bauspielplatz von 15-19 Uhr geöffnet. An manchen Tagen tummeln sich hier über 50 Besucher:innen. In den Sommerferien auch mehr. Sie sind zwischen 6 und 16 Jahren alt. Auf dem „Baui“ können sie spielen, bekommen gesundes Essen und erleben Gemeinschaft – lernen aber auch Gefahren einzuschätzen, sich etwas zuzutrauen und daran zu wachsen.
„Die Arbeit mit den Kindern hat sich in den letzten Jahren verändert. Wir haben uns dem irgendwann allein nicht mehr gewachsen gefühlt und wussten, dass wir ausgebildete Fachkräfte brauchen“, erzählt Marion Tillmann. Deshalb beschäftigt der Verein auch seit circa sechs Jahren Pädagog:innen, die mit den Kindern und Jugendlichen arbeiten.
Julia Wichert ist die pädagogische Leitung des Bauspielplatzes. „Hier auf dem Bauspielplatz findet Beziehungsarbeit statt. Es ist ein Ort mit klaren Regeln, die eingehalten werden müssen. Das setzen wir auch durch. Ich sage immer ganz klar, was ich erwarte und meine. Die Kinder sind dankbar dafür“, sagt sie. „Denn sich selbst kennenzulernen, geht nur, wenn man einen Rahmen hat, in dem man sich bewegt und an dem man sich orientieren kann.“
Viele Kinder bekommen in ihrem Elternhaus nicht die passende Unterstützung für ihr persönliches Wachstum, einige leiden an Perspektivlosigkeit. In manchen Familien musste das Jugendamt eingreifen. „Auch deshalb sind wir sehr froh, dass wir Julia und ihr Team haben“, so Marion Tillmann, „Sie wissen, worauf sie schauen müssen, und ihnen sind die Abläufe, die in solchen Fällen eingeleitet werden müssen, vertraut.“
Der Bauspielplatz ist für die Kinder und Jugendlichen der Ort, an dem sie erwünscht sind, an dem sie selbst sein können. Und davon gibt es nicht so viele Orte in Porz und Umgebung. Besonders für die ganz Kleinen, die Kinder ab sechs.
„Es gibt hauptsächlich Stellen für offene Jugendarbeit ab 12 Jahren. Die Städte fokussieren sich eher auf die Jugendarbeit. Als Begründung dafür hört man oft, dass die Kleinen gut versorgt sind mit öffentlichen Betreuungsangeboten. Wir erleben das hier anders. Wir werden überschwemmt von Kindern ab sechs. Oft stehen die Eltern hier und fragen uns, wo sie denn die noch jüngeren Kinder hinbringen können“, berichtet Julia Wichert.
Ein „Zufluchtsort“, der bleiben muss
Auch deshalb war allen klar: die Zukunft des Bauspielplatzes muss gesichert werden. Marion und Karl-Heinz Tillmann haben sich immer dafür eingesetzt. Sie sind in der Politik gut vernetzt. Marion war lange Jahre Leiterin des Bürgerbüros von Jochen Ott, dem örtlichen Landtagsabgeordneten. Sie haben mit vielen Politiker:innen und der Presse gesprochen, um zu zeigen, was dort geschaffen wurde und wie wichtig die Einrichtung für die Kinder ist.
Mit Erfolg – die Zukunft des Bauspielplatzes ist seit Anfang dieses Jahres gesichert und das Bangen um die Bewilligung von Fördermitteln rückt nun in den Hintergrund. Der Bauspielplatz Senkelsgraben wurde in die Regelförderung übernommen. Dabei geholfen haben viele engagierte Menschen, die sich sehr für die Zukunft des Bauspielplatzes eingesetzt haben. Dank ihrer Bemühungen und dem unermüdlichen Einsatz ist der Bauspielplatz jetzt eine anerkannte Jugendeinrichtung mit zwei vollen Stellen, die von der Stadt Köln finanziert werden.
