„Armut macht krank und Armut macht kriminell,“ erklärt Django zu Beginn des Gesprächs. Denn wer arm sei, könne sich keine gesunde Ernährung leisten und sei schnell dazu gezwungen schwarz zu fahren oder in anderer Hinsicht kriminell zu werden. Django muss es wissen, denn der 65-Jährige war lange Zeit obdachlos. Heute lebt er zusammen mit seiner Frau Moni in einer kleinen Wohnung in Oberbilk. Organisiert wurde diese Wohnung über fiftyfifty, einem Düsseldorfer Verein, der sich für Obdachlose und Menschen, die unter Armut leiden, einsetzt.
Fiftyfifty bringt außerdem eine Zeitschrift raus, die die Obdachlosen verkaufen können, die Hälfte des Preises geht an den oder die Verkäufer*in. Auch Django und Moni bestreiten so seit 2004 ihr schmales Einkommen. Im Gespräch mit SPD-Landesvorsitzendem Thomas Kutschaty, der die fiftyfifty Redaktion besuchte, erzählen sie von ihren Erfahrungen auf der Straße und ihren Sorgen hinsichtlich der Inflation.
Ein Ticket für mehr Teilhabe
Eine große Erleichterung für Django und Moni war zuletzt das 9€-Ticket. Normalerweise gibt es für Menschen mit wenig finanziellen Mitteln nur das Sozialticket, das mit einem Monatssatz von fast 40€ für viele aber auch schon zu teuer ist. Das 9€-Ticket habe es dem Ehepaar ermöglicht die Gräber ihrer Eltern in Remscheid zu besuchen. Fiftyfifty-Kollegin Gisa März war mit dem Ticket an der Nordsee. Für ihre Asthma-geschädigte Lunge sei das eine Wohltat gewesen.
Thomas Kutschaty erklärt dazu: „Mobilität ist Grundbedürfnis. Ich bin sehr dafür, dass wir ein günstiges Ticket für alle schaffen, die darauf angewiesen sind. Das gilt auch für Auszubildende und Rentner:innen.“ Er ergänzt, dass auch das Land NRW eine eigene Nachfolgelösung für das 9€-Ticket finden könnte.
Die Angst vor dem Winter
Besonders besorgt zeigen sich die Gesprächsteilnehmenden im fiftyfifty-Büro aber mit Blick auf die Inflation und die steigenden Energiekosten im Herbst und Winter. „Das, was jetzt auf uns zurollt, ist nicht kompensierbar“, erklärt Sozialarbeiter Oliver Ongaro. Die Düsseldorfer Altstadtküche beispielsweise gebe aktuell 350 statt 100 Essen am Tag raus, die Kapazitäten seien längst ausgeschöpft. Viele Hilfsdienstleistende seien überfordert. Dabei fingen die Probleme gerade erst an, Herbst und Winter würden diese noch verschlimmern.
„Können die Politiker sich vorstellen, mal mit mir einzukaufen? Oder mit 300€ im Monat auszukommen?“, fragt Gisa wütend. Auch Django erzählt von Gesprächen mit Menschen, die auf der Straße leben und die er als fiftyfifty-Verkäufer tagtäglich trifft. Daher weiß er zu berichten: „Du siehst die Veränderungen in den Gesichtern der Menschen. Wir als fiftyfifty-Verkäufer sind schon am unteren Ende der Nahrungskette, aber jetzt fangen schon die Menschen in der unteren Mittelschicht an zu überlegen, wie sie zu Rande kommen. Das ist eine ganz gefährliche Spirale, die immer weiter abwärts geht.“
Thomas Kutschaty dankt den Beteiligten für ihre ehrlichen Berichte. Für ihn ist klar: „Die Zeit des wachsenden Wohlstandes für breite Massen ist vorbei. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt über Verteilungsgerechtigkeit sprechen. Diese Frage lösen wir nur über gute Beschäftigungsmöglichkeiten, gerechte Löhne und gerechte Steuern. Mit den Mehreinnahmen aus der Umsatzsteuer sollten wir jetzt den Wohnungsbau fördern, die Regelsätze anheben und die Nachfolge des 9€-Tickets regeln.“