
Der Vorsitzende des Zukunftsrates NRW, Professor Friedrich Schmidt-Bleek, hat Ministerpräsident Peer Steinbrück und Umweltministerin Bärbel Höhn heute den Bericht des Zukunftsrates NRW: „NRW 2015 – Ressourcen nutzen, Regionen stärken“ übergeben.
Vor zweieinhalb Jahren nahm der Zukunftsrat NRW seine Arbeit mit dem Ziel auf, Strategien für eine nachhaltige Entwicklung in NRW zu erarbeiten. Der Zukunftsrat NRW setzt sich zusammen aus Vertreterinnen und Vertretern aus den Bereichen Wissenschaft, Wirtschaft und Politik, Kirchen, Kultur und Medien, Sport, Gewerkschaften und dem Umweltschutz. Er spiegelt damit die Spannweite und die Vielfalt an Meinungen, Vorstellungen, Ideen der Bevölkerungsentwicklung wider.
Der Ministerpräsident dankte dem Zukunftsrat für seine engagierte Arbeit.
„Der Zukunftsrat zeichnet ein Bild von Nordrhein-Westfalen im Jahr 2015“, so Ministerpräsident Peer Steinbrück, „das uns mit neuer Dynamik an die Spitze in Deutschland und im europäischen Vergleich führen will. Das ist eine anspruchsvolle Vision und damit ein beachtlicher Baustein für die Zukunftsdiskussion, die wir dringend brauchen. Über die konkreten Vorschläge hinaus gibt der Bericht dazu wichtige Grundbotschaften mit auf den Weg, indem er z. B. viel Gewicht auf mehr private Tatkraft für das allgemeine Wohl legt, Vorschläge zum Wirtschaften im Industrieland Nordrhein-Westfalen nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit macht oder zu mehr Wertschätzung von Kindern und Eltern in der Gesellschaft aufruft. Diese grundlegenden Botschaften teile ich.“ „Wir werden nur Erfolg haben, wenn Wirtschaft, Gesellschaft und Staat ihre Kräfte bündeln. Ich begrüße den Ansatz des Zukunftsrates, dazu den Blick auf Familien, Stadtteile und Regionen zu richten. Ich hoffe, das schafft Identität und Engagement,“ so Steinbrück weiter. „Für die Zukunftsaufgaben brauchen wir ein breites gemeinsames Verständnis, hohe Übereinstimmung in den Zielen und die Bereitschaft von vielen, mitzuwirken.“
Umweltministerin Bärbel Höhn dankte dem Zukunftsrat NRW für die Erarbeitung des Berichts NRW 2015 und kündigte an, dass die Landesregierung mit Hochdruck prüfen werde, welche Elemente des Berichts in die Regierungspolitik übernommen werden können. „Die Empfehlungen zur Umsetzung können zum Teil an bestehende Maßnahmen der Landesregierung angeknüpft werden“ erklärt Umweltministerin Bärbel Höhn. „In manchen Bereichen müssen neue Wege eingeschlagen werden.“
Bei der Übergabe des Berichts an die Landesregierung erläuterte eine Delegation des Zukunftsrates NRW einzelne Empfehlungen.
Professor Friedrich Schmidt-Bleek wies darauf hin, dass der Zukunftsrat NRW sich bei seiner Arbeit auf vier Themenschwerpunkte konzentriert hat:
Ziel des Zukunftsrates war es, praktisch umsetzbare Empfehlungen für ein prosperierendes „Lebenswertes NRW“ zu entwickeln, die angesichts der knappen öffentlichen Mittel in ihrer Gesamtheit kostenneutral sind. Dafür müsse der Staat Schwerpunkte setzen und an anderen Stellen einsparen. Zusätzlich komme es aber darauf an, dass auch Wirtschaft und Bevölkerung sich stärker für das Gemeinwohl engagieren.
Neue Arbeitsplätze sollen durch ein qualitatives Wirtschaftswachstum, verbunden mit einer Steigerung der Ressourcenproduktivität erreicht werden, erläuterte Dr. Michael Schulenburg, Vorsitzender des Verbandes der Chemischen Industrie NRW. Der Zukunftsrat empfiehlt, für eine erfolgreiche regionale Wirtschaftsentwicklung das Clusterkonzept anzuwenden und dieses mit dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung in Regionen zu verknüpfen. Ziel des Clusterkonzepts ist es, die regionsspezifischen Stärken und Potenziale auszubauen, die auch unter den Bedingungen des globalen Wettbewerbs zukunftsfähig sind. Das Prinzip soll auch Branchennetzwerke stärken.
Dr. Kora Kristof, Leiterin der Forschungsgruppe „Nachhaltiges Produzieren und Konsumieren“ am Wuppertal Institut, erläuterte den Vorschlag des Zukunftsrates, zur Förderung von Innovationen ein internationales „Forum für Wissen und Innovation“ auf dem Petersberg bei Bonn unter Einbeziehung von wissenschaftlichen Spitzeneinrichtungen des Landes einzurichten. Der Zukunftsrat schlägt vor, eine „Petersberger Akademie“ einzurichten, in der weltweit führende Wissenschaftler und Fachleute aus der Praxis forschen, unterrichten und das „Forum für Wissen und Innovation“ vorbereiten.
Im Bereich Bildung fordert der Zukunftsrat NRW eine Strukturreform sowie einheitliche Qualitätsstandards, so Ursula Boos-Nünning, Professorin für interkulturelle Pädagogik an der Universität Duisburg-Essen. Das Angebot der Vorschuleinrichtungen solle verbessert und ausgeweitet werden. So könne durch Sprachförderung im Vorschulbereich die Chancengleichheit bei der Einschulung verbessert werden. An den Ganztagsschulen soll der fachbezogene Unterricht über den ganzen Tag verteilt werden. Ziel sei es, die individuellen Begabungen bestmöglich zu entwickeln. Darauf müsse auch das Schulsystem ausgerichtet werden.
Als einen Ansatzpunkt, um dem Alterungs- und Schrumpfungsprozess in der Bevölkerungsentwicklung zu begegnen und wieder mehr Dynamik zu erzeugen, fordert der Zukunftsrat, ein elternfreundliches Klima in NRW zu schaffen. Dazu sollten, so Dr. Jürgen Zech, ehem. Vorstandvorsitzender Gerling Konzern Versicherungs-Beteiligungs-AG, Familienzentren eingerichtet werden. Diese sollen für Eltern viele Angebote bündeln, beispielsweise Erziehungsberatung, Kinderbetreuung und medizinische Versorgung der Kinder. Eltern würden somit mit ihren Sorgen und Nöten nicht alleine gelassen. Für Paare mit Kinderwunsch, denen es der hohe Organisations- und Betreuungsaufwand schwer macht, Familie und Beruf zu verbinden, könnte die Unterstützung durch Familienzentren die Entscheidung für Kinder erleichtert.
Ein weiterer Vorschlag bestehe, so Dr. Jürgen Zech, in der Einrichtung einer freiwilligen Sozial-Aktiv-Zeit für ältere Bürgerinnen und Bürger. Bürgerinnen und Bürger im Ruhestand sollen motiviert werden, sich über einen längeren Zeitraum sozialen und anderen gemeinnützigen Aufgaben zu widmen, beispielsweise Unterstützung von Familien durch Babysitting, Unterstützung von Maßnahmen im Naturschutz, beim Sport oder bei kulturellen Ereignissen. Agenturen, zum Beispiel die bestehenden Freiwilligenagenturen, sollen die Koordination und Organisation der Sozial-Aktiv-Zeit übernehmen, sie sollen Angebot und Nachfrage aufeinander abstimmen und für die Teilnehmer Aus- und Weiterbildung anbieten.